Nora Weber berichtet von der Leo Hayes High School - Fredericton (Kanada)

„Norageen the beautyqueen“ so hatte mich mein Austauschvater immer genannt. Es war eine schöne Zeit für mich. Ein halbes Jahr (5 Monate) war ich als Austauschschülerin in einer total verrückten, liebenswerten kanadischen Familie. Ein halbes Jahr haben wir zusammen unter einem Dach gewohnt ; das schweißt zusammen. Wir haben zusammen gelacht und geweint, wir haben zusammen von Reisen geträumt und zusammen gefeiert.

Ich hatte mir so oft vorgestellt wie es wohl sein wird wenn ich dort ankomme, ich hatte 1000 verschiedene Bilder in meinem Kopf – tja und dann kam ich an und alles war anders. Mit riesigen Schildern („You´re welcome, Nora“) standen sie im Flughafen und haben auf mich gewartet. Die vierzig Minuten Fahrt, zu dem Haus das nun für fünf Monate mein zu Hause sein sollte, kamen mir vor wie fünf Sekunden. Ich war hundemüde und wollte nur noch in mein Bett, doch da war schon das erste Problem! In meinem Bett lag nicht wie gewohnt eine Decke sondern gefühlte 100 und ich wusste nicht unter welche ich mich legen sollte. Erst dachte ich das sein alles Tagesdecken, doch da draußen  -30°C herrschten, wurde mir unter dem einen dünnen Lacken dann doch recht schnell sehr kalt, so dass ich einfach eine Handvoll Decken nahm und sie über mich legte. Am nächsten Morgen ließ ich mich dann von meiner Austauschmutter aufklären. J 

Ich könnte nicht sagen das es alles immer einfach war doch ich kann auf jeden Fall sagen dass es eine unglaubliche, unvergessliche Zeit war die ich nie mehr missen möchte. 

Meine Familie war anders wie ich es gewohnt war. Als normalerweise Älteste  war es  komisch nun die Jüngste von drei Schwestern (16,19,23) zu sein. Ich verstand mich sofort mit allen gut auch mit dem japanischen Austauschmädchen das mit mir in der Familie für ein halbes Jahre leben sollte. Tanten und Onkel genauso wie Omas und Opas hatte ich nun plötzlich zu genüge und auch der Traum von einem Hund wurde mir durch 6 Hundewelpen und drei große Hunden mehr als nur erfüllt. Ich war auf Wolke sieben, andere nennen diese Wolke auch New Brunswick. Ich war glücklich und gespannt auf alles was noch vor mir liegen würde.

Ein Besuch im Krankenhaus war damit zwar nie gemeint, doch auch das war mal eine Erfahrung wert. Da es nichts Ernstes war konnte ich bald schon wieder gehen. Dies war wohl die einzige Zeit wo ich wirklich behaupten könnte Heimweh gehabt zu haben. Gewünscht hatte ich mir zwar schon ab und zu, dass meine Eltern hätten dabei sein können, aber die Ablenkung war einfach viel zu groß und die Zeit viel zu wenig, um wirklich Heimweh zu haben.

Ich hatte die Chance in Kanada viele neue Sachen auszuprobieren. Meine „Hostschwester“ spielt Rugby und ich durfte selber einmal mitmachen, allerdings war das nicht unbedingt mein Sport. Doch ich hab das Quartfahren für mich entdeckt und bin oft mit meinem Vater oder meiner Mutter in den Wald gefahren. Diese Dinge vermisse ich sehr hier in Deutschland.

Manchmal kommen Leute zu mir her und fragen mich ob ich denn Schwierigkeiten mit der Sprache gehabt hätte, da ich ja schon mit 14 Jahren nach Kanada gegangen bin. Ja natürlich hatte ich die aber diese Schwierigkeiten haben nicht gestört eher haben sie dazu beigetragen die Unterhaltungen mit Kanadiern zu lockern und sie waren sicherlich auch den ein oder anderen Lacher wert. J

Die Schule war für mich nie schwer. Sicherlich gab es auch hier und da mal Verständigungsprobleme aber die haben nie wirklich gestört. Die Lehrer waren immer sehr bemüht mich in die verschieden Klassen zu integrieren und auch die Schüler waren immer sehr nett zu mir. Oft wurde ich von Fragen überschüttet und kam gar nicht mehr mit der Beantwortung in den Pausen hinter her. Spaß hatte ich auf jeden Fall in der Schule und die meisten Freunde habe ich auch dort gefunden egal ob an der Theke von der Cafeteria oder als Nebensitzer/in im Klassenzimmer. 

Mit den meisten Freunden hab ich noch immer guten Kontakt, viele sind schon am planen mich einmal hier in Deutschland  zu besuchen, was mich natürlich wahnsinnig freut. Auch meine „Mom“ will mich einmal besuchen kommen. Wenn alles klappt wie geplant kommt sie nächsten Sommer. Ja, man kann schon sagen dass ich dort eine zweite Familie gefunden habe. Am Anfang hieß meine Austauschmutter noch Lee und mein Austauschvater noch Dan, doch das hat sich schnell geändert als mir Ausversehen einmal „Mum“ rausgerutscht ist.

Wir haben viel zusammen unternommen ob es Reisen waren, Bowlen gehen oder meine kanadischen Omas und Opas besuchen. Ich habe die Zeit mit meiner kanadischen Familie sehr genossen und auch meine Familie hat es sehr viel Spaß gemacht mir ihr Land zu zeigen.

Aber ich bin nicht nur mit meiner Familie auf Entdeckungstour gegangen, unser Coordinator hat uns Austauschschüler mit nach Quebec und Montreal genommen, dort durften wir das einzigartige Eishotel besuchen. Außerdem hat er uns ermöglicht auf den Abschlussball unserer Schule zu gehen was auf jeden Fall ein Highlight für mich war. Im bodenlangen Ballkleid ging es für mich über den roten Teppich  zum festlich geschmückten Ballsaal. Definitiv eine Erfahrung wert!

Jeder der mich fragt ob ich es wieder genauso machen würde, wie ich es damals gemacht habe, kriegt von mir eine klipp und klare Antwort: JA! JA, ich würde wieder genau die gleiche Organisation nehmen und JA, auch das gleiche Land. Ich habe mich unglaublich wohl gefühlt und nie alleingelassen oder überfordert. Ich wusste immer wen ich erreichen konnte, wenn etwas passiert und wie ich ihn erreichen konnte.  

Es war einfach eine geniale Zeit. Ich habe viel gelernt und bin in einem halben Jahr  „erwachsener“ geworden wie ich in all der Zeit davor und danach geworden bin, wie meine Eltern auch immer gerne bestätigen. Die Erfahrungen, die man in einem fremden Land machen kann, sind einmalig. Deswegen: Falls ihr die Chance habt - ergreift sie!!!!!! Denn die Erfahrungen, die ihr dort macht, kann euch keiner nehmen! Genießt es und seit offen für Neues.

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