Julia Bieckmann berichtet aus Toledo (Washington / USA)

Mein Name ist Julia Bieckmann, ich bin 17 Jahre alt und ich war als Austauschschülerin im Bundesstaat Washington, U.S.A. Genauer genommen in Toledo, einem kleinen Dorf mit nur rund 700 Einwohnern. Meine Gasteltern waren Joyce und Phil Marick. Ihre Kinder waren schon älter und hatten teilweise schon eigene Kinder und wohnten auch nicht in der Nähe, daher war ich für ein Jahr „Einzelkind“.

Am Anfang war ich natürlich etwas besorgt, ob ich mich nicht langweilen würde in so einer kleinen Stadt und ohne gleichaltrige Geschwister. Auch als ich die Adresse meiner Gastfamilie mal bei Google-Maps eingegeben habe, war ich doch etwas schockiert. Das Haus lag ganz abgelegen und da ich schon mit meiner Gastfamilie per Email in Kontakt stand, hatte ich auch herausgefunden, dass es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab. Dennoch war meine Vorfreude auf das Jahr, von dem viele meinten es sollte das beste Jahr meines Lebens werden, riesengroß. Am Abflughafen und im Flugzeug flossen natürlich reichlich Tränen und ich muss zugeben, dass der Abschied von meiner Familie und meinen Freunden unheimlich schlimm war. Jedoch war da auch die Aufregung auf das Neue und Unbekannte, was mir einen langen schlaflosen Flug bereitete.

Endlich angekommen in Portland, OR, hatte ich Schwierigkeiten meine Gastfamilie zu finden, da ich noch keine Fotos von ihnen gesehen hatten. Offensichtlich hatten sie mich auch erst mal nicht erkannt und ich wartete eine ganze Weile bis mein Name ausgerufen wurde und wir uns schließlich gefunden hatten. Meine Gasteltern waren beide unheimlich nett und freundlich und bemühten sich deutlich und langsam mit mir zu sprechen am Anfang. Schon am zweiten Tag in Amerika ging ich zur High School, die zwar noch nicht begonnen hatte, wo aber das Training der verschieden „fall-sports“ schon im vollen Gange war. Da ich schon in Deutschland Volleyball gespielt hatte, hatte ich mich auch in Amerika dazu entschieden am Volleyball teilzunehmen. Anfangs war es eine riesige Umstellung, da ich so viel Sport gar nicht gewohnt war. Die ersten 2 Wochen hatten wir 7 Stunden Training pro Tag und nachdem die Schule angefangen hatte, 2 Stunden täglich. Trotz dem harten Training, kann ich nur allen künftigen Austauschschülern/-innen empfehlen am Sport teilzunehmen. Man hat dort unheimlich schnell sehr gute Freunde kennengelernt und hat den „school spirit“ hautnah miterlebt.

Zudem kann das amerikanische Essen doch eindeutig Auswirkungen auf die Figur haben, wenn man nicht gut aufpasst oder eben genügend Sport treibt. Sport und Schule haben eine unheimlich große Rolle in meinem amerikanischen Leben gespielt. Die Schule ist jedoch kaum zu vergleichen mit deutschen Schulen. Es gibt eine breite Fächerauswahl und neben akademischen Fächern kann man auch Fächer wie Drama, Strength and Condition (Gewichte heben) und Kochen belegen. An anderen größeren Schulen, gab es sogar noch viele andere „Spaßfächer“, aber man sollte auch ruhig ein paar anspruchsvolle Kurse belegen, da das Niveau im allgemeinen eher total locker und „easy“ war. Ich habe auch neue Sportarten sowie Basketball und Softball ausprobiert, da ich die Gelegenheit dafür in Deutschland wohl nicht wieder bekomme. Besonders Basketball zu spielen hat sehr viel Spaß gemacht, auch wenn das Training besonders hart war.

Ich hatte glücklicherweise auch die Chance Drivers Ed zu belegen. Dadurch konnte ich meinen Führerschein für umgerechnet ca. 300 Euro machen, was natürlich im Vergleich zu deutschen Preisen ein Schnäppchen war. Aber erkundigt euch unbedingt vorher nochmal beim Straßenverkehrsamt, ob der Führerschein dann nachher auch gültig ist in Deutschland.

Ein weiteres Highlight waren auch die „school dances“, die man auf keinen Fall verpassen sollte. Es ist eine tolle Erfahrung allein schon die Ballkleider auszusuchen und die ganzen Vorbereitungen mitzumachen, auch wenn diese gewiss nicht gerade günstig sind!

Wer sich Sorgen um die Sprache macht, den kann ich beruhigen. Am Anfang, hat man nicht alles mitbekommen und teilweise kam es zu lustigen Missverständnissen aber nach einigen Monaten, spricht man schon recht fließend und hat keine Probleme beim Verstehen.

Eines meiner größten Bedenken war, dass ich mich, wenn ich wiederkommen, nicht mehr mit meinen alten Freunden verstehen werde. Dies war absolut nicht der Fall. Die Freude beim Wiedersehen war riesig und ich verstehe mich nach wie vor mit meinen Freunden auch wenn wir jetzt nicht mal mehr in einem Jahrgang sind. Ich hatte mir auch während ich in Amerika war die Zeit genommen regelmäßig mit ihnen zu schreiben via facebook oder Email oder auch um mal anzurufen. Ich fand das sehr wichtig, auch wenn der Kontakt nach Deutschland natürlich nicht zu viel sein darf, da man ja auch sein Leben in Amerika verbringt um unter anderem mal auf eigenen Beinen zu stehen.

Ich hatte ein wundervolles Jahr in Amerika, ich habe unheimlich tolle Freunde kennengelernt, die ich jeden Tag vermisse, und ich hab ein zweites zu Hause gefunden. Ich bin mir sicher, dass jeder von euch genauso ein schönes Jahr erleben kann, wenn man aufgeschlossen dazu ist.

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